Gut ist das neue Cool
Nur vereinzelte Unternehmen haben in den letzten Jahren über ihren Markenzweck nachgedacht oder diesen gar definiert. In der Zeit von Social Distancing ist der Moment gekommen, dies nachzuholen und in Marketing-Taten umzusetzen. Das Konsumverhalten ändert sich massiv, wenn Menschen nicht mehr aus den Wohnungen dürfen, um Gegenstände zu kaufen und Dienstleistungen zu nutzen.
Die Kombination aus Pandemie und digitalem Wandel bringen Unternehmen aktuell einen wahren Boom an Brand-Purpose-getriebenen Maßnahmen für Kommunikation und Marketing. Die Konzentration auf Essenzielles wie Gesundheit, Gemeinschaft, Umwelt, der ungebrochene Trend zu Regionalität spielen dabei eine wichtige Rolle: Marken sollten jetzt Stellung beziehen und eine klare Meinung haben, menschlich agieren um so authentisch wirken zu können.
Denn wir leben in einer Zeit, in der das bewusste und gewissenhafte Leben immer wichtiger wird. Wer als UnternehmerIn demnach den Verbraucher auf ihrer Seite wissen möchte, muss sich zunehmend mit gesellschaftlichen Fragen auseinander setzen.
„Tu Gutes und sprich darüber“ scheint die Formel der Stunde zu sein. Aber Vorsicht! Das Vertrauen der KundInnen muss aber ehrlich verdient werden. Mit Taten, nicht nur mit Worten und Werbeslogans. Sonst kippt die Formel schnell und wird als „Woke Washing“, also als Markenaktionismus und Polarisierung, wahrgenommen. Der Gebrauch von sozialen Themen zu Marketingzwecken kann zum Boomerangeffekt werden, wenn nicht mit Fingerspitzengefühl vorgegangen wird.
„Vertrauen wird die neue Währung.
Customer Excellence der neue Weg zum Businesserfolg.“
Wie der Brand Purpose ins Marketing implemetiert wird
Es gilt herauszufinden, welche Botschaft an die KundInnen vermittelt werden soll, um die gesellschaftliche Relevanz des Produkts oder der Dienstleistung zu betonen. Strategisch am richtigen Punkt anzusetzen ist maßgebend, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Wie findet ein Unternehmen den richtigen Weg zu seinem Markenzweck?
Stellen Sie sich zu allererst eine einfache Frage: Welche Charakterzüge hätte Ihr Unternehmen, wenn es eine Person wäre?
Schreiben Sie die Eigenschaften nieder und spiegeln Sie diese auf die Produkte und Services Ihres Betriebes. Ist alles stimmig und passt es zu zum definierten Charakter? Muss das Portfolio angepasst oder weiterentwickelt werden? Welche Geschichten und Botschaften möchten Sie angesichts der gewonnenen Erkenntnisse als Unternehmen aussenden?
Bedenken Sie dabei, dass InteressentInnen und KundInnen – egal ob B2B oder B2C – aufmerksamer und sensibler denn je für echte ehrliche Botschaften sind. Deshalb ist es umso relevanter, dass sich Marken aktiv für die Lösung von sozialen und ökologischen Problemen einsetzen. Laut einer Studie der Havas Media Group erwarten dies ganze 75 % der KonsumentInnen. Die Kaufentscheidung geht dadurch weit über den reinen Konsumzweck hinaus, vielmehr wird sie zu einem politischen Akt. Der Erfolg einer Marke steht in direktem Zusammenhang mit der sozialen und ökologischen Aufladung – ein tiefgründiges Verständnis für die Wünsche und Bedürfnisse der KundInnen ist unabdingbar.
Konsumenten emanzipieren sich weg von Kaufzwängen, hin zu bewussten Kaufentscheidungen entlang einer emotionalen Buyers Journey. Das reine Kreieren und Vermarkten von Produkten reicht daher nicht mehr aus, um den Ansprüchen der Konsumenten gerecht zu werden. Der Trend geht weit darüber hinaus. Marken, die mit ihrem Handeln auf aktuelle Themen aufmerksam machen und Statements dazu abgeben, machen potentielle KundInnen auf sich aufmerksam und binden die bereits existierenden langfristig.
Dabei ist wenig Spielraum für Neutralität. In der Gesellschaft wird Stummbleiben bei relevanten Themen aktuell als falsch angesehen. Eine gute Chance also sich als Unternehmen transparent zu zeigen und sich anhand authentischer und relevanter Werte von anderen zu unterscheiden.
Dieser Weg ist nicht ganz simpel, aber langfristig erfolgreich. Hier sind smarte Ideen, kluge Konzepte und Mut gefragt, um das direkte Sales-Ziel nicht als oberste Priorität zu kommunizieren, sondern sich ehrlich zu engagieren um den Markt zu begeistern. Dazu bedienen wir uns als Marketingagentur etwa der Inbound Marketing Methodik.
Entwirrung der Begriffe: Vision, Mission und Purpose
Wer eine Neuformulierung seines Angebots am Markt auf Grund der beschriebenen Entwicklung angehen will, sollte vorerst ein konsistentes Modell für die Zusammenhänge und Begrifflichkeiten erstellen (siehe Abb.). Der Unternehmenszweck, genannt Purpose, setzt sich aus der Vision und der Mission eines Unternehmens zusammen. Die Vision definiert dabei ein angestrebtes Ziel in der Zukunft, die Mission hingegen beschreibt, wie das Unternehmen diese Vision erreicht.
Man könnte demnach folgende Gleichungen aufstellen:
Meaning = Content passt zur Marke
Purpose = Marke passt zum Unternehmenszweck
Purpose (Unternehmenszweck) mit der Marke in Verbindung bringen
Die Marke baut also auf Vision und Mission auf. Will man den Unternehmens-Zweck bei der Vermarktung der eigenen Produkte durchspüren lassen, ist es essentiell, diesen konsequent mit der Marke in Verbindung zu bringen. Sonst kommt es zu Unsicherheiten in der Contentproduktion.
Die Produktmarke sollte immer auch die wesentlichen Aussagen des Unternehmens berücksichtigen. Finden Sie gemeinsam mit Ihrer Agentur heraus, welche Markenaussagen dem Konsumenten sinnvoll erscheinen und vor allem welchen emotionalen Nutzen die Marke für die KundInnen hat. So befriedigen sie den Bedarf, der über die funktionale Ebene hinausgeht.
Eine Zusammenarbeit zwischen der Kreativ- und Medienbranche und den Unternehmen ist gerade jetzt eine wertvolle Gelegenheit, um das Leben aller zu bereichern. Gemeinsam können so neue Wege gefunden werden, um gemeinnützige Organisationen oder soziale UnternehmerInnen zu unterstützen und gemeinsame Projekte anzustreben. So können Erfahrungen geschaffen werden, die Nutzen und emotionalen Mehrwert vereinen. Umso wichtiger ist es, dass Marken und Marketer ihre Reichweite einsetzen, um Botschaften der Hoffnung und Inspiration zu senden.
Die Verantwortung der Kreativen und Werbefachleute
Es ist an der Zeit die Idee zu verkaufen, zu welcher ein Unternehmen steht. Dafür müssen wir Agenturen und Kreativen uns verstärkt einsetzen. Damit können wir unseren Teil zur Verbesserung der Welt beitragen, die wir uns erträumen. Authentische Werbebotschaften und echtes Engagement müssen in kluge Konzepte und umsetzbare Marketing-Strategien gepackt werden. So wird der Markenwert durch die KundInnen gesteigert, da sie zu Fans und Promotern werden, die „ihre“ Marke lieben und auch verteidigen würden.
Quelle: Südtiroler Wirtschaftszeitung – Ausgabe 14/20 vom Freitag, den 10. April 2020